von Andrea Hofinger

DonnerstARC – Ein Kistenbau-Informationsnachmittag bei hs art service austria

Sie begleiten unser tägliches Registrar-Leben, sind mit Piktogrammen, Aufschriften und Anweisungen, Etiketten und Logos versehen, hüllen wertvolles Kunst- und Kulturgut schützend ein und tragen im Idealfall Sorge dafür, dass das Innenleben sicher an den gewünschten Zielort gelangt. In erster Linie dient eine Transportkiste also dazu, das Kunstwerk vor dem Transport zu schützen, egal ob dieser in einem LKW oder per Luftfracht durchgeführt wird, ob von geschulten Art Handlern, Lagerarbeitern oder Flughafenpersonal manipuliert, durch verschiedene Klimazonen geschippert, begleitet von Kurieren, von professionellen oder semi-professionellen Transportunternehmen zugestellt.
Während eines Transportes sind Kunstwerke etlichen risikobehafteten Situationen ausgesetzt, Erschütterungen, Vibrationen und Klimaschwankungen sind ein Teil davon.
Eine schlecht verpackte Arbeit, eine falsch beauftragte Kiste kann Anlass geben für eine Beschädigung der Kunst und somit auch Auslöser für einen lästigen Versicherungsfall werden, im schlimmsten Fall sogar zu einem Totalschaden und einem unwiederbringlichen Verlust führen.

Sich für die richtige Transportkiste zu entscheiden – eine wichtige Aufgabe eines Registrars – bedeutet demnach gleichzeitig auch eine große Verantwortung über das uns anvertraute Kulturgut zu tragen. Nicht nur was die Sicherheit des Objektes angeht; Auch Budgetverantwortliche und Finanzabteilungen wollen wissen, wo und warum Kosten für eine geeignete Verpackung entstehen – und besonders günstig sind Transportkisten jedenfalls nicht. Entsprechendes Know-How und Erfahrungen helfen zwar immer, sowohl bei der Suche nach der richtigen Entscheidung, als auch bei deren Rechtfertigung, dennoch ist der Blick über den eigenen Tellerrand auch bei diesem Thema sehr empfehlenswert.

Um unser Wissen über die richtige Transportverpackung zu vertiefen, hat hs art service austria im Rahmen eines DonnerstARCs tiefere Einblicke in die Welt des Kistenbaus gewährt. Das österreichische Transportunternehmen verfügt über eine hauseigene Tischlerei mit ausgezeichnetem Ruf, in welcher nicht einfach nur Standardkisten bestellt werden, sondern im Vorfeld mit dem Tischlermeister maßgerechte, individuelle Verpackungslösungen entwickelt werden können und somit auch Wunschkisten für komplexe Objekte mit besonderen Vorgaben oder speziellen Voraussetzungen kein unerfüllter Traum bleiben.

           

Wie also zur richtigen Kiste finden? Die Möglichkeiten der Verpackung sind so vielfältig wie die Kunst selbst – wesentlich ist es, sich zu fragen, wonach man eigentlich sucht. Sollte nur ein kurze Reise der Kunst, zum Beispiel von einem Kunstlager in ein Museum in derselben Stadt ins Auge gefasst werden oder doch ein Transport rund um die Welt und in oder durch eine andere Klimazone? Handelt es sich bei der jeweiligen Kunstarbeit um eine zerbrechliche Gipsarbeit, um ein millionenschweres Gemälde oder um eine zeitgenössische Skulptur in einem ungewöhnlichen Format? Sollte die Kiste nur einem einzigen Transport dienen oder auch als “Endstation” zur (Zwischen-)Lagerung der Arbeit herhalten? Benötigt die zu verpackende Arbeit eine Einzelkiste oder soll sie mit anderen Arbeiten gemeinsam in eine Sammelkiste gepackt werden – falls es sich etwa um Fotografien einer Serie mit gleichen Maßen handelt? Oder besteht das Objekt aus mehreren Teilen und braucht eine Sammelkiste mit speziell angefertigten Innenboxen? Oder, oder, oder?

Sich Fragen zu dem Ziel und dem eigentlichen Transportweg zu stellen hilft schon mal, Bewusstsein zu schaffen und Notwendigkeiten auszuloten und vermeidet in Folge, eine qualitativ zu minderwertig oder eventuell sogar eine zu hochwertig und damit einhergehend nicht selten auch eine zu hochpreisige Kiste zu beauftragen. Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht jedenfalls immer eine Risikominderung – die Sicherheit der Kunst geht vor! Eine optimale Verpackung basiert auf der richtigen Einschätzung der Fragilität des Kunstwerkes und der Belastung, welcher das Objekt während des geplanten Transportes ausgesetzt ist.
Je nach Institution/Museum/Sammlung wird eventuell ein Restaurator Verpackungsrichtlinien im Rahmen eines Zustandsprotokolls erstellen. So manches Mal wird zudem eine Besichtigung des Kunstwerkes und Besprechung der zu erfolgenden Maßnahmen mit dem Tischler oder dem Transportunternehmen notwendig sein, bevor die Kiste letztendlich tatsächlich in Auftrag gegeben werden kann. Restaurator/in und Transportunternehmen sollten in der Lage sein, bei der Risikoeinschätzung behilflich zu sein und beratend zur Seite stehen, um die tatsächlich einwirkenden Belastungen abzuschätzen und die richtigen Präventionsmaßnahmen durch die geeignetsten Verpackungsmaterialien zu wählen.

Wie immer in unserem Job liegt demnach auch bei der Beauftragung einer Kiste ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg in der richtigen Kommunikation!

Die Voraussetzungen, Wünsche und Notwendigkeiten evaluiert, geht es nun zur eigentlichen Auswahl und den gebotenen Möglichkeiten.
Die klassische Standard-Kiste (wie auch die von hs art service austria vorgestellte Transportkiste “Museumsstandard”) besteht meist aus einer massiven Holzkonstruktion, die den mechanischen Einwirkungen während eines Transportes entgegenwirkt.

Je nach Kunstwerk kann zwar das Innenleben recht unterschiedlich ausfallen, eine Art von Polsterung ist dabei jedenfalls ebenfalls üblich. Zumeist ist die Standard-Kiste mit einer Wärmedämmung ausgestattet und bietet Schutz gegenüber Feuchtigkeit (der aber nicht bedeutet, dass die Kiste bei kübelndem Regen im Freien stehen kann), sowie gegenüber Hitze (der ebenfalls nicht besagt, dass die Kiste einem Brand standhält).

     

Die zwei wichtigsten Qualitätsmerkmale einer Transportkiste sind demnach Schutz vor mechanischen Einwirkungen und damit einhergehenden Vibrationsimmissionen sowie vor unerwarteten Klimaveränderungen, wie sie zum Beispiel bei Luftfrachttransporten, beim Verladen unter frostigen Wetterbedingungen, oder bei Reisen durch mehrere Klimazonen entstehen können.

Neben Standardkisten gibt es Ausführungen mit verbesserten Eigenschaften zur Wärmedämmung, hervorgerufen zum Beispiel mit Vakuumelementen, die in einfacher oder doppelter Form angebracht werden und somit das Klima im Inneren der Kiste für einen längeren Zeitraum halten können. hs art service austria weist aber in offener Art darauf hin, dass die sogenannte “Klimakiste” – ein viel umworbener Verkaufsschlager – eigentlich ein Mythos ist, denn keine Kiste kann das Klima über einen Zeitraum von mehreren Tagen halten; Irgendwann passt sich unvermeidlich jede Klimasituation im Inneren der Kiste der Außentemperatur an. Dennoch haben beide großen österreichischen Transportunternehmen unabhängig voneinander Speziallösungen entwickelt, um die Klimawerte im Inneren bis zu einem längstmöglichen Zeitraum zu gewähren und einen besonders langen und optimalen Schutz gegen thermische Einwirkungen zu garantieren. Das Endprodukt heißt bei hs art “safe 2”, bei Kunsttrans “Q+” und kann in beiden Fällen nicht nur gekauft, sondern auch gemietet werden, was neben Rohstoffen auch das Ausstellungsbudget schont.

Was muss so eine Kiste auf dem Transport nun eigentlich tatsächlich aushalten, wie lange hat sie die Aufgabe, das Kunstwerk optimal zu schützen? hs art service austria präsentierte ein Musterbeispiel und errechnete die Dauer eines Kunsttransportes beginnend bei einem Ausstellungshaus in Wien bis zum Zielort, ein Museum in Tokyo: Inklusive Einpacken vor Ort, Transport zum Flughafen, Cargo Check In am Flughafen, einem Flug von 12 Stunden, erneutes Cargo Handling am Zielflughafen, Transport in das entsprechende Museum und Akklimatisierung vor Ort kommt man bei einem Direktflug schon mal auf ca. 22-25 Stunden, bei einer Zwischenlandung sogar auf 30-35 Stunden! Während der Fluggast auf einer entsprechenden Reise mehrmals die Jacke bequem an- und wieder auszieht, muss die Kistenhülle zumindest für diesen Zeitraum jegliche Klimaschwankungen abwehren können. Überdies ist die Transportkiste insbesondere an Flughäfen durch die intensive Manipulation vielen Schock- und Vibrationsimmissionen ausgesetzt.

     

Aus diesem Grund ist eine Begleitung der Cargo-Ware an Flughäfen, entweder durch einen Mitarbeiter des beauftragten Transportunternehmens oder durch einen vom Museum geschickten Kurier im Fall von besonders wertvollem Kunst- und Kulturgut ein Muss!
Wir alle kennen stark verschmutzte und aufgeplatzte Koffer von denen wir vermeinten sie seien unzerstörbar. Während die Kunst zwar in einem anderen Cargo Bereich verladen wird als das herkömmliche Reisegepäck, verläuft der Umgang mit Kunstkisten nicht unbedingt sanfter. Ein/e Kurier/in, die das Verladen überwacht, hilft mit Sicherheit mehr als ein auf die Kiste aufgemaltes “Fragile”.
Ein Forschungsteam der Hochschule der Künste Bern*(1), das sich in einem Projekt explizit mit der Risikoabschätzung von Schock- und Vibrationsimmissionen und neuen Präventionsstrategien beim Transport fragiler Gemälde auseinandersetzt, fordert sogar: “Es wäre dringend notwendig, dass die Kunsttransporteure mit den Flugfrachtbetreibern verlässliche Sonderbedingungen für fragile Gemälde aushandeln würden.”

Ein Resultat dieses Forschungsprojektes ist zudem, dass einer der Schlüssel zu einem besseren Schutz in der formschlüssigen, exakt gepackten Kunstarbeit liegt. Schwingungen, die bei einem Straßentransport vom LKW ausgehen sollten durch ideale Materialwahl der Kiste und einer optimalen Befestigungstechnik möglichst nicht auf die verpackte Kunst übertragen werden.
Klassische Möglichkeiten zur Vibrationsdämpfung reichen von einfachen Bilderecken aus Ethafoam, Strukturdämpfer, die im Inneren eingebracht werden bis hin zu ausgefeilten Luftfedersystemen. Laut wissenschaftlichen Studien gilt allerdings nicht selten “weniger ist mehr”, von allzu viel vermeintlich schützenden Schaumstoffprodukten in den Kisten ist besser abzusehen. Je passgenauer und einfacher die Verpackung, desto besser.

    

Für sehr kurze Strecken wird eventuell sogar auch gar keine Museumskiste von Nöten sein, möglicherweise reicht eine Standard-Softverpackung aus, oder es wird ein Transportrahmen vorgezogen, da dieser das Handling der Arbeit wesentlich erleichtert. Nie zu vergessen ist – Individuelle Objekte verlangen nach individuellen Verpackungslösungen! Nicht immer ist die technisch aufwändigste und teuerste Lösung auch die Beste. In diesem Sinne an Euch Registrare und Entscheidungsträger da draußen – May the Force be with you!

Herzlichen Dank an hs art service austria für die sehr informative Veranstaltung und die kleinen Einblicke in die Welt des Verpackens und Transportunternehmens!

*(1) http://www.gemaeldetransport.ch

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